Nietzsche=Dynamit?

,Anlässlich zweier Nietzsche-Biographien neueren Datums, die - als ob damit eine Tatsache beschrieben würde! - unter dem Titel auftreten:


Ich bin Dynamit“.


Da scheint es angebracht, darauf hinzuweisen, wie unsinnig, überaltert und zudem

a) an den Fakten vorbei und b) eigentlich auch wie verlogen ein solcher Titel ist.

Unter dieser eigentlich sträflich unkritisch erfolgten und erlebten Sicht auf Friedrich Nietzsche und dessen angebliche „philosophische Leistung“ dürften aus einer solchen Darstellung keinerlei neuen, insgesamt vor allem keine zeitgemäßen Einsichten in seine Existenz und damit auch in seine heute mögliche Bedeutung zu gewinnen und zu vermitteln sein, denn da schmückt man Nietzsche - wie nur allzu oft! - mit ihm an sich völlig fremden, unangemessenen und zu Unrecht an sich gerissenen schillernden Federn“.


Aufgrund des von dem schwedischen Chemiker Alfred Bernhard Nobel (1833-1896) im Jahr 1866 patentierten Dynamits wurden erstmals spektakulärste Bauwerke möglich, wie zum Beispiel sehr früh für die schweizerische Gotthardbahn der von 1873-1880 in einer Länge von 15 km von Nord nach Süd verlaufende zentrale Scheiteltunnel unter dem Gipfel des Gotthardmassivs.  Von dorther war damals die positiv besetzte Bedeutung des dafür massenhaft verwendeten Dynamits zur durchgeführten Meisterleistung zusammen mit dem Mut der damaligen Tunnelbaukunst, sowie der Ingenieurs- und Vermessungstechnik zur Verbesserung der Verkehrswege in aller Munde.  Nietzsche selbst hat diese Arbeiten in seinen Betrachtungen vor 1880, also bevor er 36 Jahre alt wurde, nie erwähnt.


Dass der zu jener Zeit staatenlos und oft, d.h. zumeist in der Schweiz lebende Friedrich Nietzsche, seiner persönlichen Wirkung in Hinsicht auf seine angebliche Fähigkeit, ein ungeheurer Neuerer im Sinne einer noch nie dagewesenen „Umwertung aller Werte 10.12.88 gewesen zu sein und deshalb wie Dynamit betrachtet zu werden verdiente und mit entsprechender Vorsicht so auch eingeschätzt und behandelt sein wollte, ist unbestreitbar.  Es gehört in das Flechtwerk seines hoch- und über alle realistischen Möglichkeiten weit hinaus-getriebenen Geltungsbeürfnisses, dass Nietzsche im letzten Kapitel seiner sich selber bewundernden, preisenden und sich auch genießerisch feiern wollenden Selbstdarstellung unter dem sich geradezu biblisch anmaßenden Titel „Ecce homo“, womit zum Ausdruck kommen sollte:  Seht her, welch ein Mensch - ich bin! - die innerhalb einer realitätsbezogenen Weltsicht gar nicht vorkommen könnende Antwort auf die vorgetäuschte Frage aufwarf, formulierte und auf diesen Unsinn auch noch eine offenherzige Aussage wagen wollte, nämlich zu sagen, wie Er sich fühlte:

 Warum ich ein Schicksal bin“.

Im 1. Absatz, der dies für ihn ja tatsächlich bestehende „Faktum“ 1888 über 10 Seiten hin „erklären“ sollte, steht ziemlich weit vorn, bereits am Ende der 5. Zeile beginnend, die Behauptung „ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit 6.365.  Von daher also, - als von Nietzsche selber gekommen! - ist diese „Weisheit“, diese subjektive Behauptung kurz vor seinem Wahnsinnig-werden, aber darüber hinaus erst viele Jahre später dann auch veröffentlicht, in Umlauf geraten und ihm nachgesagt worden, ohne über die Ungeheuerlichkeit und Unhaltbarkeit dieser Aussage einmal nachzudenken.

  Von jemanden, der derlei duldet und nachvollzieht, kann schwerlich eine objektivierende, distanzierende und kritisch ehrlich erklärende Darstellung von Nietzsches Existenz zu erwarten sein, sondern eher und stattdessen nur ein Wiederkäuen dessen, was üblicherweise über Nietzsche bisher immer wieder verbreitet wurde, - einfach deshalb, weil gegenüber den tausenderlei widersprüchlichen Ungereimtheiten in seinem - wenn man denn so will es als „Werk“ zu bezeichnen - in diesem

Labyrinth abstrusester Gedankengänge und Widersprüche“,

 sich in seinem gesamten Zusammenhang keinerlei durchgehende Logik erkennen lässt oder verrät.

Das entspricht dem Nietzsche-Bild, das seine 2 Jahre jüngere Schwester, unterstützt durch die Gesetze und die Gegebenheiten in ihrer Zeit - angeblich für die Ewigkeit! - dennoch aber nur für einen guten Teil des 20. Jahrhunderts, verbissen, prozessierend, fälschend, täuschend und unterschlagend zustande gebracht hat und „vom Volke“ - zwischen zwangsläufig und gerne für tatsächlich so gegeben - angesehen wurde, weil damals niemand die noch so gut wie unüberwindbare Mühe riskieren konnte, in diesem durch etliche Auflagen und vielfach noch fehlende infrastrukturellen Gegebenheiten geschützten „Saustall“ aufzuräumen und für eine vertretbare Übersicht zu sorgen.

Erst mit knapp 100 jähriger Verzögerung und vorangehenden Revisionsarbeiten an der Echtheit der überlieferten Texte nach Überprüfung ihrer Verlässlichkeit, wurde es unter Beibringung von nicht zu widersprechenden Begründungen möglich, dieses Nietzsche-Bild in wesentlichen Punkten zu korrigieren, zu hinterfragen und durchsichtiger zu machen, d.h. es wurde klar, wie leicht es gewesen ist, was Nietzsche über sich selber zum Besten gab und wie schwer oder auch unmöglich es doch war, davon irgendetwas - in seinem Sinn logisch! - in einer und für alle gleich geltenden Realität festzuzurren.

Was er in seiner Selbstdarstellung wollte, zeigte sich je länger, umso mehr, als sein mit ihm selbst „parteiisch gebundenes Wunschdenken“, das einen geradezu frevelhaften Umgang erlaubte mit der ihn - wie jeden anderen auch! - umgebenden Realität.  Er wollte - in seinem Sinne un-philosophisch aber auch ohne jegliche Logik! - Dynamit, d.h. ungeheure Zerstörungskraft - nicht nur für die Philosophie gewesen sein, sondern weit darüber hinausgehend mit seiner „Lehre“, d.h. in allem, was Er für richtig zu halten beabsichtigt hatte, mit seinen Aussagen sämtliche Gültigkeiten der vergangenen Jahrtausende in die Luft gesprengt sehen, wo sie zerbröseln, sich auflösen und ins Nichts entschwinden würden. - Einfach so! -

Um an ihrer Stelle dann die gewaltige und zugleich gewalttätig-totalitär entworfene „Kathedrale“ seiner von ihm selber nach allen Seiten hin undurchdacht, unüberlegt, unkritisch und unausgereift gebliebene Selbstsucht und Selbstherrlichkeit mit Gültigkeit für - mindestens! - die ganze Welt zu errichten!
 

Am Ende des oben angeführten Absatzes seiner schicksalhaft ihm und nur ihm bestimmten Bedeutung hatte der zu jener Zeit doch weitgehend noch unbekannte Sonderling und ehemalige Philologie-Professor aus Basel, Friedrich Nietzsche, sich damit be- und vergnügt zu behaupten, er allein trüge nach dem von ihm bereits im Jahr 1882 totgesagten Gott, nun 6 Jahre später, im Jahr 1888 und kurz vor seinem endgültigen Wahnsinnsausbruch

das Schicksal der Menschheit auf der Schulter. - 6.364

Einseitig, auf einer Seite nur?  Nicht auf beiden?  Die Ungeheuerlichkeit dieses Lebensgefühls gehörte fraglos zu Nietzsches da so ausgedrückt zu seiner sich heillos überschätzenden Vorstellung von sich selber.  Und daran verbot sich für ihn jede Art Widerspruch!


Im tiefsten Grund kam ihm das aus seinem eigenen Bauch - sonst nirgendwo her!  Da muss man es schließlich lange schon sitzen haben, wenn sich einem im Zuge einer auch im Logischen stets fortschreitenden Enthemmung, in irgendeiner Phase des Lebens irgendwann - immer unheimlich unangemessen! - und auch peinlich ungeniert! - dergleichen an die allen zur Kenntnis kommende Öffentlichkeit drängt.

Dass es so weit kommen konnte, so etwas, als wäre es ein Faktum, öffentlich zu bekennen, bedingt unzweifelhaft eine „Längst-schon-vorhanden-gewesen-sein-müssende“ und ausgereift auch eine zur nicht weiter und nicht mehr diskutierbaren „Selbstverständlichkeit! - Sonst bliebe es auch weiterhin ein Ding menschlich-vernunft-gesteuerter Unmöglichkeit, so etwas von sich selber einfach drauflos zu behaupten.  Und dann kam noch, als wichtiger zusätzlicher Antrieb und offensichtliches Bedürfnis für Nietzsche ein quasi öffentlicher Anlass dazu, sich damit ohne allzugroße Blamage hervor-tun-zu-können.
 
In Nietzsches Notizen erscheint sein „symbolisch-metaphorisches“ Dynamit-Verständnis, stellvertretend für seine Existenz,
erstmals sehr spät am schon weitgehend und endgültig in Unordnung geratenen Ende seines nur knapp noch „normal“ wirkenden Bewusstseins“, zum Ende des Jahres 1888 bzw. Anfang 1889, d.h. in direktester Nähe seines endgültig bevorstehenden und nicht mehr, wie in der Zeit davor noch, in Zweifel zieh-baren, weil ab da dann gesamthaften „geistigen Zusammenbruchs“.
 
Erstmals jedoch war Nietzsche der Zusammenhang zwischen sich und dem Dynamit gut 2 Jahre zuvor schon, anlässlich seiner 1886 erschienenen und wie immer voreilig herausgegebenen Schrift „
Jenseits von gut und Böse“, sein derzeit zugegebenermaßen „jüngstes und bösartigstes Kind 20.9.86, eher von außen, von fremdem Eindruck her und damit verdeckt in den Bereich des ihm Möglichen gedrungen, als Der „Bund“, [eine Schweizer Zeitung aus Bern] aus der Feder des Redakteurs V. Widmann [einem Bekannten von Nietzsche], einen starken Aufsatz über mein Buch, unter dem Titel Nietzsche’s gefährliches Buch [veröffentlichte].  Gesammt-Urtheil „das ist Dynamit“. 20.9.86

Es kam also ursprünglich unversehens von einer „Institution“, die außerhalb von Nietzsches Bewusstsein und Erfindungsgabe gegeben war und ihn wörtlich genommen hatte, d.h. ihn - unkritisch genug! - so ansah, wie er angesehen werden wollte!  Gemeint aber war der Text - als Dynamit - nicht Nietzsche selber! 

Genau das nun hatte Nietzsche in seinem Bestreben in Bausch und Bogen und für die Menschheit ganz allgemein ungeheuer zuständig und auch gefährlich zu sein, ausnehmend geschmeichelt und wurde von ihm - wie immer! - zu undifferenziert zu persönlich genommen.  Am gleichen Tag, als ihm diese Besprechung seines Buches zur Kenntnis kam, schrieb er an einen Freund:
Zum Zeichen, wie gern ich einmal mich wieder in Deiner Nähe wissen würde, habe ich mir erlaubt, Dir mein jüngstes und bösartigstes Kind [das Buch „Jenseits von Gut und Böse“] zuzusenden:  hoffentlich lernt es in Deiner Nähe etwas „Moralität“ und Vedanteske [dazu von Nietzsches anderem himmelsgleichen Buch „Also sprach Zarathustra“, mit welchem indirekt auf die indischen Veden Bezug genommen wurde, eine gewisse] Würde, da es an Beidem von seinem Vater [also von Nietzsche selber!] her Mangel leidet [sehr im Gegensatz zu dem angeschriebenen, gerade in indischer Philosophie beispielgebend bewanderten Freund]. „Jenseits von Gut und Böse“ heißt es; eben las ich bereits einen furchtbar ernsten Aufsatz darüber unter dem Titel „Nietzsches gefährliches Buch“ - es wird das Thema durchfigurirt „das ist Dynamit“ [und bezog sich auf das 1882 fertiggestellte beispielgebende Großprojekt des schweizerischen Gotthard-Eisenbahn-Tunnels, zu dessen Verwirklichung massenhaft mit schwarzen Flaggen versehene, die Gefährlichkeit ihrer Fracht damit signalisierende Eisenbahn-Waggons, ungeheure Dynamit-Mengen zu ungeheurer Sprengkraft heranzuschaffen gewesen waren.]

Was liegt darin!  War jemals ein Mensch verwegener zu den Dingen gestellt, als ich?

[Verwegener?  Als wer oder was?  Wegen seiner Behauptung, dass Gott tot ist? FW.108  Nietzsche sah darin eine „Tat“, obgleich es nur eine Behauptung war, die lange vor ihm schon und nicht einmal nur gewagt worden war.  Er aber sah sich wieder einmal als die Ausnahme-Erscheinung seiner Zeit, dessen letzt-erschienenes Buch „Jenseits von Gut und Böse“, ziemlich rundum mit unvorteilhaften Urteilen bedacht worden war, wie Nietzsche selber weiter berichtete:

Ein Paar Recensionen meines „Jenseits“, von Naumann [seinem „Verleger“, der eigentlich aber nur“ Nietzsches, im Selbstverlag veröffentlichender Buchdrucker war] mir übersandt, zeigen nur schlechten Willen:  die Worte „psychiatrisch“ und „pathologisch“ sollen als Erklärungsgrund meines Buchs [was Nietzsche nicht akzeptieren wollte]  und als dessen Censur gelten. 20.12.87

Dennoch hielt Nietzsche daran fest und urteilte:

trotzalledem enthält es den Schlüssel zu mir, wenn es einen giebt. 10.2.88

Man muß es aushalten können:  das ist die [hoch-subjektiv verankerte] Probe;  was man dazu „sagt“, davon „denkt“, ist mir gleichgültig [so, wie alle andere Realität um ihn her auch!].  Schließlich - ich will nicht für heute und morgen, sondern für Jahrtausende [mit seiner „momentanen“, d.h. damals schon reichlich defekten Sicht auf diese Welt!] Recht behalten. 20.9.86
 
Ja, das wollte Er - mit Leib, Leben und Seele! - Darum war es ihm, nach eigenem Eingeständnis, vor allem und bei allem, gegangen!  Das war sein je länger, um so ungenierter ausgedrückter Haupt-Zweck und sein Lebens-Motiv!  Wieder einmal hatte Nietzsche
sich, wie seinerzeit, als er noch keine 17 Jahre alt war, mit gewissermaßen „fremden herrscheramtlichen Federn geschmückt“, denn er „besaß“ nie etwas, das bei ihm, von ihm ausgehend, einer „Herrscheramtlichkeit“ realiter auch nur von sehr fern her nahe gekommen wäre.  Seit damals, mit den sein Leben lang gültig gebliebenen, daher-metapherten „Geistesblitzen“ von Ralph Waldo Emerson, seinem Zieh- und Gewissensvater, - weil ihm dessen Wertungen so sehr und so allzu früh auf ihn selber bezogen, wie nichts bis dahin ziemlich ästhetizistisch nur gefallen hatten, auf ihn maßgeschneidert zugeschnitten waren und ihm - aber sehr scheinbar nur! - so viel über sich, sein Empfinden und seine von ihm nicht als krankhaft wahrzunehmende Veranlagung auf geradezu phantastische und höchst schmeichelhaft emporhebende Weise zu Allgemeingültigkeiten „erklärten“.

Da Nietzsche darin viel Auszeichnendes über sich enthalten sehen konnte, hatte er sich damit unkritisch und relitätsfern identifiziert!  So unüberlegt dabei, wie er alles ihm Missfallende allgemeingültigst und im umfassendsten Zusammenhang mit Emersons Behauptungen ablehnen und runterputzen, zu allgmeinen Unwerten bestimmen und freigeben zu dürfen meinte und sich in gewohnter Manier damit zum Maß aller Dinge er- und überhob; - ohne einen einzigen Gedanken auch nur daran zu verschwenden, wie sich das in größeren, in den über sein persönliches Sein hinausgehenden Zusammenhängen auswirken würde und müsste!  Auch hier fand er sich mutterseelen einsam und allein auf weiter Flur, mit nur sich selbst ohne objektive und objektivierende Beratung, gefangen in einer Welt, in welcher „die Anderen“ ihm ganz pauschal unfassbar und damit auch ganz allgemein in jeder Beziehung logisch so unerträglich wie auch unverträglich waren!
 
Aus dieser tatsächlich ja nur wortwörtlich von Nietzsche selber ausgehenden Behauptung,
Dynamit zu sein und dies, als wäre es ein Faktum, zum Titel von Nietzsche-Biographien und -Betrachtungen zu machen, bedeutet eine wörtlich gewaltsame Zusammenballung von man knapp nur Halbwahrheiten und Unterstellungen zu angeblich metaphorischen „Wahrheiten“, - genauer bezeichnet zu reinen Fakes.

An Nietzsche ist, wenn man ihn kritisch genauer betrachtet, nichts wahr und wirklich.  Als ein Faktum existiert er lediglich in seinen - und als seine! - Schriften, die in voller Länge ja nur aus Behauptungen bestehen, die fast alle in der von ihm - und Emerson übrigens! - unabhängigen Welt keine Rolle spielen und sich mit keiner von ihm beabsichtigten Wahrheit decken.

Unmittelbar an der Grenze zum Überschnappen, d.h. dem ohnmächtig entglittenen Umgang mit der Bedeutung von Worten, mit denen Nietzsche das Dynamit auf sich persönlich bezog, - dies unkritisch und kritiklos, 1 zu 1, als eine tatsachengemäße Aussage über ihn zu nehmen, heißt ihn unkritisch und kritiklos mit seinen Augen zu betrachten, so, als wäre er tatsächlich das gewesen, was er sich - hoch-subjektiv! - zu sein - oder werden zu können! - wünschte und erhoffte und aufgrund gegebener Zeitumstände für eine enorm lange dauernde Zeit ja auch erreicht zu haben scheint
Mit Legenden gefüttert werden viele Unterstellungen, Hineindeutungen, „Würdigungen“ und „Huldigungen“ möglich und gelten, auf fadenscheinigste Weise auch, für gewisse Zeiten auch als „erlaubt“! - Um dabei des Glaubens bleiben zu können, Wahrheiten zu erkennen und zugänglich zu machen, wo nur Projektionen galten und nichts darüber hinaus zu erwarten war, als selbstgebackene Illusionen, die sich der Biograph von seinem Idol machen möchte, was in der Realität nur mit Fälschung und Verfälschung einhergehen kann!  Es wird nach dieser Methode nichts anderes „erreicht“, als die Tradition dessen, wie ein an sich krankes, nämlich außerhalb seines eigenen Seins von der Realität vollkommen abgekapseltes Hirn zu etwas gemacht wird, was man zwar
glauben kann, aber auf tausenderlei Weise den Möglichkeiten innerhalb einer tatsächlich existierenden Welt widerspricht.

Auf ähnliche Art hat auch ein „moderner Philosoph“ sich den allzu subjektivistischen „Ruhm“ erworben, in seiner so be-unter-titelten „Biographie seines Denkens“, Nietzsche, der selber - nachweislich nie in übergeordneten Zusammenhängen über die Widersprüchlichkeiten seiner eigenen Aussagen nachgedacht haben kann! - ihm also „bei seinem [gar nicht vorgekommenen!] Denken [angeblich!] zugesehen“; - was auch einen gewissen, allerdings eher zweifelhaften, Ruhm auszugestalten vermag.  In dessen so gepriesener, 389 Seiten umfassender Biographie“ kommt Emerson übrigens gar nicht vor, grad so, als hätte es diese für den tatsächlichen Nietzsche unersetzlich elementare, zentrale und lebenslang höchsten Einfluss auf ihn ausübende und sein denkerisches Philosoph-Sein bestimmende Figur, die gar nicht zu überschätzen ist, überhaupt nicht gegeben!


Auf eine solche Weise werden, „Fakten“ vorgetäuscht, ohne sich weitere Mühe geben zu müssen, verständlich zu machen, dass und wie sehr die in Frage stehenden Wort-Zusammenstellungen vor allem aufgrund einer krankhaft zu nennenden Unfähigkeit zu logisch exaktem Denken zustande kommen konnten.
Die Kenntnisse über den wirklich
gelebt, enorm gelitten und gewirkt habenden Nietzsche stehen bei den meisten seiner Biographen im umgekehrten Verhältnis zu deren eigenen Hintergrund-Kenntnissen über ihn und sich selber.  In den meisten Fällen besteht so der Umgang mit Nietzsche daraus, ein eigenes und nicht sonderlich wahrheitsträchtiges Bild in einem vermuteten, angenommenen, aber auf wesentlichen und bedeutsamen Lücken stehenden Pseudo-Zusammenhang darzustellen und nacherlebbar zu machen, unabhängig davon, ob dergleichen in, mit und bei Nietzsche realiter stattgefunden hat oder überhaupt je hat stattfinden können!
 
Die meisten und auch erfolgreichsten Nietzsche-Biographien sind Darstellungen, in denen Nietzsche in altüberkommener Form aufgemotzt und so dargestellt wird, wie er sich selbst - in das unerklärbar überdimensionierte Geheimnis seiner ihm so lieb gewordenen Großartigkeit gehüllt! - als eine vielseitig unbegreifliche
Ausnahmeerscheinung und „Übermensch“, jeder Festlegung entzogen und aller möglichen Idealität tausendmal näher gerückt wird, als es in der Realität überhaupt möglich ist:

Als Traumtänzer eines weltverbessernden Erlösers!


Das hat Erfolg.  Das lieben in unserer krimi-gesättigten Zeit die Leser, die nichts suchen als das, was ihnen bis an die Grenzen des noch Glaubhaften aufgetischt wird und sie weit abseits hält von ernüchternder, geheimnisloser Tatsächlichkeit, die ärmer zu machen scheint, als ein kompliziertes Verständnis für eine großflächige Enttäuschung, die man nicht erleben möchte.  Da sind Nietzscheaner und an Nietzsche Interessierte wie gewisse Konzertbesucher, die den von ihnen selber erzeugten Jubel ihres Zustimmungbedürfnisses brauchen, - sonst hätte es für sie kaum einen Sinn hingegangen, zugehört und am Anlass teilgenommen zu haben.


Das Beispiel zeigt, dass gegenüber dem Unverstandenen der einfache Bewunderungsreflex effektvoller und erfolgversprechender zu sein scheint, als es der gedankliche Aufwand ist, welcher zu erbringen wäre und auch zu erbringen ist, um - aus welchen Gründen und über welche Abgründe hinweg auch immer! - zu verstehen und das betrachtete Objekt realitäts-bezogen einzuordnen in ein Weltbild, in welchem auch „die Anderen“ einen dem eigenen gleichrangigen Stellenwert besitzen.






 Bei den in die Texte eingefügten kleinen Zahlen handelt es sich um Herkunfts-Nachweise der Zitate:
  Angegeben sind jeweils Band- und Seitennummern der letztgültig „Kritischen Studienausgabe“ (KSA) von Giorgio Colli und Mazzino Montinari und den Stellen aus Briefen lt. KSB per Datumsangabe.


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