Ecce homo

 

Die Schrift, die Nietzsche mit


Ecce homo


betitelt hat wird leicht, gern und oft fälschlicherweise völlig verzerrt als „biographisch“ angesehen, was aber dem Inhalt entfernt nicht gerecht werden kann, denn im Jahr 1888 war Nietzsche in seiner Wahrnehmungsfähigkeit dermaßen weit von der Realität um ihn her und zu sich selber entfernt und abgekommen, dass er gar nicht mehr mitbekommen konnte, wie sehr er sich nur noch um sein „Wunschbild von sich selber“ drehte.  Das hatte mit der Bezeichnung „biographisch“ nichts mehr zu tun.


Seine Selbstdarstellung beginnt bereits im Titel, der ernsthaft in vollster Absicht, aber nicht zugegeben, die biblisch überlieferten Worte des Pilatus zitiert, wie jener Jesus Christus dem Volk vorstellte, dass er „keine Schuld an ihm finde Joh.19.4, und auf deutsch sehr betont auf das Überragende ausgelegt meinte: seht diesen Menschen“.


Das hatte Nietzsche, dies schreibend, im Übermaß auf sich selber bezogen, gestaltet - und sollte so auch verstanden werden! - Ebenso in dem Untertitel „wie man wird, was man ist“, denn Er hatte sich - sich, sich! - gegen alle Widrigkeiten dieser Welt - die sich überdies vollumfänglich und ausschließlich um ihn zu drehen hatte! - in Eigenregie und aus der Fülle eigener - allerdings nur eingebildeter! - Macht zu dem gemacht, was er glaubte zu sein und er benutzte dazu, in dieser Schrift über sich selbst beispielsweise nur, sehr häufig die Begriffe:

50 mal „Moral

19 mal „man muss

18 mal „decadence“,

nach Nietzsches eigener Definition als:

krankhafte Störungen des Intellekts 6.265

14 mal „Kultur

8 mal „Macht

und vieles Andere auch in mehrfachem Vorkommen.


Wie man wird, was man ist“? 6.255 - Rein grammatikalisch war das Humbug, Schwindel und Aufschneiderei, traf aber aus Nietzsches Seelenlage heraus den Sinn des Anerkannt-werden-wollens seines bedürftigen Seins, in aller Allgemein-Gültigkeit als das, was er maximal zu sein erstrebte! Insofern war der rein grammatikalische Unsinn von Sinn getragen, realiter aber ist man, oder man wird erst; - beides zugleich in einem Satz kann keinen realistisch sinnvollen Zustand beschreiben und bleibt darum eine raffiniert eingesetzte Augenwischerei.


Und noch ein Faktum dürfte in diesem Zusammenhang unbedingt und von vornherein auch in jeder Beziehung in das Bewusstsein eines ernst zu nehmenden Nietzsche-Lesers gehören:

An den Rand der Seite 113 seines ihn seit 1861 in vielen Situationen ratsam begleitenden Handexemplares von Emersons „Essays“ in der Ausgabe des Jahres 1858 hatte Nietzsche, wohl im Zuge seiner Identifikation mit vielem, was dort für ihn und scheinbar sogar für ihn speziell zu lesen stand, die Worte

Ecce homo

geschrieben.  Wann Nietzsche diese Worte neben Emersons Text stellte ist nicht sicher bekannt.  Sicher ist nur, dass es - spätestens! - geschah nachdem er bereits 30 Jahre alt war, also 14 Jahre nach der 1. Begegnung mit Emersons für ihn so bedeutungsvollen Texten.  Die so bezeichnete, d.h. ausgezeichnete und damit wieder einmal maßlos geadelte Stelle gehört zu Emersons 4. Essay „Geistige Gesetze“ und daneben steht als gedruckter Emerson-Text und in für Nietzsche vorbildlicher Realitätsferne die weit ausholende Empfehlung zu lesen:

Der Maßstab, den du selbst an dein Thun und Sein legst, wird sich gewiss immer daraus ersehen lassen, ob du dies [d.h. für Nietzsche sein!] Thun und Sein gern umgehen möchtest und deinen Namen verleugnen [würdest?  wolltest?  solltest?  lässt?] oder ob du [sehr im Gegenteil:  Genau das herausschreien möchtest, was da textlich folgt, nämlich:], dein Werk [in all Deinem übertrieben selbstmittelpunktlichen Tun und Lassen!] an der concaven Sphäre des Himmels sichtbar werden lässt, wo es [dann auf Nietzsche-typisch nur in superlativster Weise!] eins ist [wäre!] mit dem [immerhin astronomisch erfolgenden] Umlauf der Sterne.

Willst Du das?

Dich „eins“ fühlen - und glauben, dass das dann auch tatsächlich so wäre? - Dich gleichgesetzt sehen „mit dem Umlauf der Sterne“?


 Welch eine Vermessenheit und Maßlosigkeit darin steckt und in Bezug auf Nietzsche mit der eigens handschriftlichen Bemerkung daneben auch nicht verborgen geblieben ist! -

Willst Du ein solches Gefühl - an Stelle der Realität letztlich! - da es das und dergleichen, wie von Emerson beschrieben und anempfohlen, gar nicht geben kann!? - Willst Du das?


Nietzsches daneben geschriebenes „Ecce homo“ hieß so viel wie ein allerdeutlichstes: „Ja, ich will!“ - Genau dies und nichts anderes und vor allem daran „ohne den geringsten Zweifel“!

Diese Aussage hat nämlich einem tief in Nietzsche verankerten und dort auch flammendem Lebensgefühl entsprochen, besonders als er sein Ecce homo“, das er aller Wahrscheinlichkeit nach schon sehr lange vor der zweiten Hälfte des Jahres 1888 - seines letzten noch leidlich bei Sinnen verbrachten „Schaffensjahres“! - oder doch schon kurz nach dem Diebstahlsverlust des 1. Exemplares, 1874, ins neu angeschaffte Handexemplar daneben schrieb! - Wenn es denn nicht auch schon im Vorläuferexemplar - was gut denkbar ist! - daneben geschrieben worden war!


Auf diese Weise nochmals und immer wieder in Emersonscher Bestätigung, war es genau das Lebensgefühl, welches Nietzsche von A bis Z durch seinen Ecce homo

- „Seht, diesen Menschen“! -

trug, erhob und an eine Ausnahmeposition stellte - und all seine darin gefällten Aussagen, Einschätzungen und Urteile innerhalb seiner Selbstdarstellung auf sich selber bezogen bestimmte:  Diese, wie immer es möglich wäre, mit ewiger Dauer an der concaven Sphäre des Himmels sichtbar“ erscheinen zu lassen, wo all das „eins ist [eins wäre!] mit dem Umlauf der Sterne“!


Hier soll nicht auf zu viele Details eingegangen werden, aber schon der 1. Absatz seines Ecce-homo-Vorwortes hat es „in sich“ und verkündet ein Lebensgefühl, das im Grunde ein irrwitziges Vorurteil Nietzsches über sich selber gewesen ist!  Der ungeheuerliche, quasi zu sich selbst ins Quadrat erhobene Superlativ, den er da verfasste, lautet:

In Voraussicht, dass ich [Er, er, er!] über Kurzem mit der schwersten Forderung an die Menschheit herantreten muss, die je an sie gestellt wurde,

[damit erklärte Nietzsche, kurz vor dem unwiderruflichen Zusammenbruch seiner „geistigen“ Fähigkeiten stehend, seinen, den gewöhnlichen Menschen gegenüber bereits erreichten, „vergöttlichten Status“; - ohne sich dessen zu genieren oder in irgendeiner Weise dazu berufen worden, oder auf legitime Weise dazu auch befähigt zu sein und fuhr von seiner selbstverfertigt superlativierten Position heraus gegenüber „der Menschheit“ insgesamt fort:  Da] scheint es mir unerlässlich, zu sagen, wer ich bin [d.h. dass er kitiklos als das anerkannt werden wollte, als tatasächlich das seiend, was er lediglich in sich fühlte!  Insoweit war das für ihn eine unbedingt notwendige Selbstverständlichkeit, - betraf und behandelte aber nicht sein tatsächliches Sein!].  Im Grunde [des war er sich sicher!] dürfte man’s wissen: denn ich habe mich nicht „unbezeugt gelassen“ [damals allerdings, vor der von seiner Schwester Elisabeth organisierten Massenhysterie, nur vor sehr wenigen Lesern

Von dieser Realität jedoch unbeeindruckt, war ihm im erreichten Zustand der Enthemmung nun - vor der gesamten christlichen oder an sonstwas glaubenden Menschheit! - danach, kräftig zu eigenem Vorteil auf die Pauke zu hauen:]

Das Missverhältniss aber zwischen der Grösse meiner Aufgabe [die er in aller Selbstherrlichkeit und freier Entscheidung „auf sich genommen“, tatsächlich aber sich geradezu ermärtyrert und „unter den Nagel gerissen“ hatte, lag nicht an ihm, sondern an „den Anderen“!] und [eben, in aller Selbstüberschätzung an] der Kleinheit meiner [seine angeblichen „Fakten“ einfach nicht begreifen wollenden und auch deshalb von ihm äußerst gering geschätzten] Zeitgenossen [„den Anderen“, die zu realisieren Nietzsche ihrem wahren Wert gemäß nachhaltigst unterlassen hatte!] ist darin zum Ausdruck gekommen, dass man mich weder gehört, noch auch nur gesehn hat.

Ich lebe auf meinen eignen Credit hin [auf seinen eigenen Glauben hin, fürwahr! - Das hatte er in seiner generellen denkerischen Unfähigkeit der Weltrealität gegenüber immer und ausgiebig getan!], es ist vielleicht bloss ein Vorurtheil, daß ich lebe? [sicherlich! - hinsichtlich seiner eingebildeten „Bedeutung“ dürfte dem so gewesen sein!] . . . Ich brauche nur irgend einen „Gebildeten“ zu sprechen, der im Sommer ins Oberengadin kommt [auf seine „6000Fuß über dem Meere und viel höher über allen menschlichen [und allen realen!] Dingen! 9.494 gelegene Höhe in seinen  nachhaltig durch Jahre hindurch gepflegten Fluchtort Sils-Maria als Schutz vor der Realität des Lebens!], um mich zu überzeugen, dass ich nicht lebe [d.h. - gültig für das Jahr 1888! - war er in keiner Weise bekannt und auch nicht als etwas ganz Besonderes anerkannt!] . . . Unter diesen Umständen [die er zwar wahrgenommen, aber selbstkritisch nicht berücksichtigt hatte, sondern seine unbeachtete Wichtigkeit trotz „der Anderen“ für wichtiger hielt als sie] giebt es eine Pflicht, gegen die im Grunde meine Gewohnheit, noch mehr der Stolz meiner Instinkte revoltirt, nämlich zu sagen:  Hört mich [an]!  denn ich bin der und der.  Verwechselt mich vor Allem nicht! 6.257

Mit wem aber  fürchtete Nietzsche verwechselt zu werden?   Etwa mit einem seiner verachteten Zeitgenossen?  Oder gar überhaupt mit irgendwem?   Oder irgendetwas, mit dem, der, das ihm seine Einmaligkeit streitig gemacht werden könnte?

Zum Schluss seines „Vorwortes“ über sich selbst kam er im besonders lang geratenen 4. Absatz in weiterer biblischer Nachahmung dazu, über sich zu verkünden:

- Innerhalb meiner Schriften steht für sich mein [jedem zufällig damit in Berührung kommenden Leser letztlich vollkommen unverständlich bleiben müssender] Zarathustra [den er ungefähr 3 Jahre zuvor, nach dessen 4. Teil, unabgeschlossen beendete, d.h. einfach unvollendet - weil unmöglicherweise sinnvoll nicht zu beenden? - und deshalb ihn einfachheitshalber hatte liegen lassen müssen!].

Ich habe [nach 3 Jahren weiter fortgeschrittener Enthemmung nun der Meinung, er hätte] mit ihm [mit seinem „Zarathustra“ - im Superlativ selbstverständlich!] der Menschheit das grösste Geschenk gemacht, das ihr bisher gemacht worden ist [und sogar gemacht werden konnte?  Womit er den superlativen Wert seines von ihm erfundenen Weltverbesserers „Zarathustra“ qualitativ festgeschrieben sehen wollte!].  Dies Buch, mit einer Stimme über Jahrtausende hinweg, [was eben Nietzsches unbändige Lebenssehnsucht und zugleich auch seine kaum mit etwas anderem vergleichbare Lebenslüge gewesen ist! - denn diese] ist [war für ihn, aber für wen sonst in diesem Ausmaß noch nachfühlbar!] nicht nur das höchste Buch, das es giebt [alles allein nach seinem Dafürhalten beurteilt!], das eigentliche Höhenluft-Buch [erschaut und erfunden in tränenjauchzenden Höhen, „6000 Fuss über dem Meere und viel höher über allen menschlichen Dingen“! 9.494 und „6000 Fuß über jedem menschlichen Dunstkreis 13.540   mit diesem Wort in Missachtung der Lebenssphäre „der Anderen“!  Wo] - die ganze Thatsache Mensch liegt [im Vergleich zu dem darin geforderten, erhofften und vorzubereitenden Übermenschen“] in ungeheurer Ferne [tief, tief] unter ihm -, es ist auch das tiefste, das aus dem innersten Reichthum der Wahrheit [welche Er - weil es seine war, glaubte gepachtet zu haben! - und so unselbstkritisch, wie er veranlagt war, so grenzenlos auch musste er sich überschätzten!

Die aus diesen Umständen] heraus geborene [„Wahrheit“ ist so, wie er es symbolisch sah!], ein unerschöpflicher Brunnen, in den kein Eimer hinabsteigt [eigentlich ja „sinken“ müsste!], ohne mit Gold und Güte gefüllt heraufzukommen.  Hier redet [seine Selbsterhöhung darin so unüberhörbar wie unüberbietbar herauskehrend!] kein „Prophet“, keiner jener schauerlichen Zwitter von Krankheit und Willen zur Macht, die man Religionsstifter nennt [von denen er fraglos selber aber nur einer war, mit seinen eingebildeten „Himmelreichen“ namens „Zarathustra“, „Übermensch“ oder auch seiner unmöglichen, sich an jederlei Relität stoßenden „ewigen Wiederkunft“!].

Man muss vor Allem den [so überhaupt wahrnehmbaren?] Ton, der aus diesem Munde kommt, diesen halkyonischen [allumfassenden? - denn das bedeutet dieses Wort! - Also genau diesen absolutheits-bedingten] Ton richtig hören, um dem Sinn seiner Weisheit nicht erbarmungswürdig Unrecht zu thun.  „Die stillsten Worte sind es, welche den Sturm bringen, Gedanken, die mit Taubenfüssen kommen, lenken die Welt - [und so weiter in eigentlich eher hirnrissig-selbstkritikloser, sich selber feiernder Darstellung, bis zu den selbstmörderisch daherredenden Sätzen:]  Hier redet kein Fanatiker, hier wird nicht „gepredigt“, hier wird nicht Glauben verlangt [aber was denn sonst außer Glauben? - Für Nietzsche waren das, aus der subjektiv erreichten psychischen Enthemmung heraus, inzwischen alles nicht mehr in Frage zu stellende, aber in und mit nichts tatsächlich begründete „Fakten“!]:

Aus einer unendlichen Lichtfülle und Glückstiefe [was typische Empfindungen innerhalb seiner tränenjauchzenden „Anfälle“ beschreibt, - so, wie er diese wohl nicht nur im Sommer des Jahres 1881 in geistig beiseite getretenen Augenblicken erlebt haben dürfte! - Aus diesen] fällt Tropfen für Tropfen, Wort für Wort, - eine zärtliche Langsamkeit ist das tempo dieser Reden [die „Zarathustra also zur Sprache brachte!].

Zu solchen Passagen ist nicht außer Acht zu lassen, dass es von diesen aller Wahrscheinlichkeit nach erheblich viel mehr gab, die in ihrem Zusammenhang aber so unpassend, so auffällig schräg daherkamen, dass sie der scharfen Zensur der Schwester zum Opfer fallen mussten, weil sie gar zu auffällig schon Nietzsches Irrsinn verrieten.

Dergleichen gelangt nur zu den Auserwähltesten [also zu denen nur - wie zu ihm! - die sich gerade - aber in welcher „Gottes-Gnade“ just, befanden? - was durchaus nichts Neues war!];

es ist [wäre!] ein Vorrecht ohne Gleichen hier Hörer zu sein;  es steht Niemandem frei, für Zarathustra Ohren zu haben [dafür musste man mit allem Drum und Dran also „geboren“ sein, bzw. einem „neuen Adel FW.337 angehören oder nach alter Gewohnheit in irgendjemandes Gnade stehen!].  Ist Zarathustra mit Alledem nicht ein Verführer?  [Auf genau die Art und Weise, wie Nietzsche selbst „mit alledem“ nichts anderes als nur ein literarischer „Verführer“ gewesen ist?]


Etliche Zeilen weiter im Text des Originals heißt es noch:

Allein gehe ich nun, meine Jünger [wer sollten die damals gewesen sein?  Er hatte keine!]!  Auch ihr geht nun davon und allein!  So will ich es [als Nietzsche oder als „Zarathustra“?] Geht fort von mir und wehrt euch gegen Zarathustra!   Und besser noch:  schämt euch seiner!  Vielleicht betrog er euch.   Der Mensch der Erkenntniss muss nicht nur seine Feinde lieben, er muss [verliebt in jede Art Totalität, im Umwerten nach seinen eigenen Maßen!] auch seine Freunde hassen können.   Man vergilt einem Lehrer schlecht, wenn man immer nur der Schüler bleibt.  Und warum wollt ihr nicht an meinem Kranze rupfen?  [An seinem „Ansehen“, - wie es bis heute alle Nietzscheaner nicht tun wollen, weil ihrem doch so fragwürdigen Idol absolut und superlativ kein einziges Härchen gekrümmt werden dürfe, um sein unbeflecktes Ansehen nicht im Geringsten Schaden nehmen zu lassen!]

Ihr verehrt mich [was eben auch nur ein Traum, ein Wunsch, eine Sehnsucht Nietzsches gewesen ist!]:  aber wie, wenn eure Verehrung eines Tages umfällt? [so, wie er dieses Ereignis aus eigener Erfahrung mit Schopenhauer und Richard Wagner kannte, da er sie erst hoch bewundert hatte und sie dann verachtete und mit Hass verfolgte?]  Hütet euch, dass euch nicht [wie er das damals für sich befürchten musste!] eine Bildsäule [Schopenhauers und/oder Wagners?] erschlage [und Euch den Rang abläuft]!  Ihr sagt, ihr glaubt an Zarathustra?   Aber was liegt an Zarathustra!  Ihr [denn „Zarathustra“ war nur seine erfundene Figur, von der für Nietzsche nichts unmittelbar zu erwarten war.  Er wollte nicht von ihm, sondern von den Menschen, von der gesamten Menschheit, angebetet werden, - sonst lebte er in dem Gefühl, er hätte „nichts erreicht 21.5.84 - denn es hieß „Ihr“] seid meine Gläubigen,   aber was liegt an allen Gläubigen [sie zählen für nichts!  Zählen taten bei hm nur ewig-unendlich oft wieder-gewollte, felsenfesteste Überzeugungen]!

Dabei ging es ja nicht um Tatsächliches, sondern um ihn und seine Bedeutung gegenüber dem „Wert“ der gesamten gering, jedenfalls nicht höher als sich selbst zu schätzenden Menschheit in einer, d.h. seiner sehr speziellen Version eines Größenwahns und seiner darin zu leistenden Verachtung „der Anderen“!

Ihr hattet euch noch nicht [wie Er sich jahrelang!] gesucht:  da fandet ihr mich.  So thun alle Gläubigen [das kannte er aus eigner Erfahrung, vor allem absolut und dauerhft bewusstlos in Emerson!]; darum ist es so wenig mit allem Glauben [und deshalb genügte ihm das nicht!]  Nun heisse ich euch, mich verlieren und euch finden;  und erst, wenn ihr mich Alle verleugnet habt [wie Petrus den Jesus entsprechend der Bibelstelle Matth.26.70f?], will ich euch [mit meinen für die Ewigkeit gelten sollenden Wahrheiten, was seine Art „Auferstehung“ gewesen wäre!] wiederkehren . . . Friedrich Nietzsche. 6.257ff


Auf diese weihevoll vorgetäuschten Einsichten, zu denen seine totalitäre Natur es nie zugelassen hätte, dass ein Jeder so maßlos seinen eigenen Weg einschlagen dürfte, wie er selber, folgten in einem merkwürdig plazierten „Inhaltsverzeichnis“, in welchem hinter den drei Kapitelüberschriften

Warum ich so weise bin. [14 Seiten]
 
Warum ich so klug bin. [20 Seiten]
 
Warum ich so gute Bücher schreibe. [mehr als 10 Seiten]

zur Übersicht dessen, was er sonst noch zu bieten hatte, er die Titel der zehn „Werke“ aufführte, die bis dahin von ihm veröffentlicht worden waren, und die er dem Publikum in ausführlichen Sonderbesprechungen an dieser Stelle vorzustellen für nötig hielt.


Den Abschluss davon bildete die alles Vorhergehende übertrumpfende Kapitelüberschrift:

Warum ich ein Schicksal bin 6.262

Denn über diese - vor allem ja „die Anderen“ betreffen sollende! - Besonderheit war aufzuklären.  Die beiden folgenden ehemals zusätzlich aufgeführten Kapitelüberschriften „Kriegserklärung“ und „Der Hammer redet“ erwiesen sich aufgrund nicht zustande gebrachter Inhalte einfachheitshalber als überflüssig und wurden deshalb auch von Nietzsche desweiteren nicht beachtet.


Bevor er zu all dem Vorgenommenen kommen konnte, war noch ein still gemeintes Dank-Gebet fällig und abgedruckt.  Es lautet auf einer eigenen Seite:

An diesem vollkommnen Tage, wo Alles reift und nicht nur die Traube braun wird [was sehr herbstlich klingt], fiel mir eben ein Sonnenblick auf mein Leben:  ich sah rückwärts, ich sah hinaus, ich sah [auf für ihn typische Weise bei sich selbst] nie so viel und so gute Dinge [zu Hauf und] auf einmal.  Nicht umsonst begrub ich heute mein vierundvierzigstes Jahr [ungeheuer zufrieden mit sich selbst schrieb er dies also - allerdings kann man sich auf so etwas bei ihm kaum verlassen! - an seinem Geburtstag, dem 15. Oktober 1888, wenige Wochen vor seinem endgültigen Untergang und „geistigen“ Ende?!], ich durfte es begraben [das hat er sich selber im überwältigenden Gefühl seines allumfassenden Gelingens erlaubt! - denn wer hätte das sonst tun sollen?], - was in ihm Leben war, ist [wie so sehnlichst gewünscht ihm an der concaven Sphäre des Himmels sichtbar geworden und also] gerettet, ist unsterblich [sein Wunsch hatte sich ihm - gefühlsmäßig jedenfalls! - zu diesem Zeitpunkt also, bereits erfüllt!].


Die Umwerthung aller Werthe [streng nach seinem Dafürhalten nur! - unter den nicht gerade bescheidenen Titeln  „Götzendämmerung oder wie man mit dem Hammer philosophiert“, Nietzsches eigentliche „Umwertung aller Werte“], die Dionysos-Dithyramben [eine Sammlung spät entstandener Gedichte!] und, zur Erholung, die Götzen-Dämmerung [oder „wie man mit dem Hammer philosophiert“, Nietzsches eigentliche Umwerthung aller Werte“ sowie „Ecce homo“!] - Alles Geschenke dieses Jahrs [was bedeutet, dass sie ihm keine Mühe gemacht haben würden, ihm also leichthin und wie von selber zugeflogen wären!], sogar seines letzten Vierteljahrs!  Wie sollte ich nicht meinem ganzen Leben [in diesem ihn umgebenden Übermaß an Selbstkritiklosigkeit verständlicherweise!] dankbar sein?   Und so erzähle ich mir [wem sonst? - Auch da war er mit sich allein! - Da es ja niemanden gab, auf den er so vollkommen fixiert war, wie auf sich selber!]  mein Leben.
* * *


Zu diesem Zeitpunkt war übrigens noch keine Rede vom „Antichrist“, seinem Buch für seine rechten Leser 6.167, seine ihm - aber von wem denn? - „vorherbestimmten Leser“, denn, wie es am Ende von dessen Vorwort heißt: „was liegt am Rest? - Der Rest ist bloß die Menschheit.  Man muss der Menschheit [wenigstens!] überlegen sein durch die Kraft, durch Höhe der Seele, - durch Verachtung.“ - Lauter Zustände des Gefühls, nicht des dies alles verhindert haben würdenden Verstandes! - All das unterzeichnet und bestätigt durch die Namensangabe: „Friedrich Nietzsche“, der für echte Nietzscheaner hier nun aber - entschuldbar für alles! - das bedauernswerte Opfer eines völlig unverschuldet erlittenen Wahnsinns geworden war, für den er nicht das Geringste konnte, weil dieser ihn „von außen angefallen“ hätte, in Form einer in vielerlei Hinsicht auf unwahrscheinlichst atypische Weise abgelaufene, z.B. durch Hetaera Esmeralda ThM6.660, eine „luetischen Infektion“, welche keinesfalls von Anfang an - vor allem nicht auf sein geniales Werk! - in ihm auf ihn Einfluss genommen und in ihm gewirkt haben könnte, so dass es, an seinem „Werk“ abzulesen, mit ihm nicht zwangläufig zu seinem tatsächlichen und nicht mehr wegzuleugnenden Ende „im Irrenhaus“ gekommen sein musste!


So erzählte sich Nietzsche also sein Leben und beschloss dies, nach den Erklärungen dazu, weshalb gerade Er so klug und weise gewesen wäre und warum gerade Er so gute Bücher verfasst hätte und nachdem Er all seine „Werke“ abhandelnd diese interpretiert, d.h. angepriesen, gelobt und gerechtfertigt hatte und schließlich unter dem aufklärend gemeinten Titel:

Warum ich ein Schicksal bin,

fortfuhr, sich zu erklären, - was aber nur eingeschaltet war, den Lesenden vorzuschreiben, wie er gesehen werden wollte!

In diesem satte 10 Seiten langen Kapitel heißt es:

Ich kenne mein Loos.  Es wird sich einmal an meinen Namen die Erinnerung an etwas Ungeheures anknüpfen, - an eine Krisis, wie es keine auf Erden gab [und damit zog er vom Leder und gab an, wie er gesehen und gewertet werden sollte. - Und das wurde vielfach 1 zu 1 für bare Münze genommen und ihm, als wären es erwiesene Tatsachen, geglaubt, was aber nur hieß, ihn mit seinen eigenen Augen zu betrachten!]


Wie gab er da an und an was für eine für Erscheinung Er gemahnen müsste, nämlich:

an die tiefste Gewissens-Collision, an eine Entscheidung heraufbeschworen gegen Alles, was bis dahin geglaubt, gefordert, geheiligt [und gedacht] worden war  [und es folgten lauter Aussagen aus den Tiefen seiner destrukiv unschöpferischen Natur].  Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit. - Und mit Alledem ist Nichts in mir von einem Religionsstifter - Religionen sind Pöbel-Affairen [angeblich tief unter seinem für schöpferisch gehaltenen Niveau! - Dabei war er just drauf und dran in eben diesem Niveau ununterscheidbar alles Bestehende ablehnend, zu versinken, als ein Verschwörer, Leugner, schlecht und miss-Verstehender], ich habe nöthig, mir die Hände nach der Berührung mit religiösen Menschen zu waschen . . . Ich will keine „Gläubigen“, ich denke, ich bin zu boshaft dazu, um an mich selbst zu glauben [er hat aber lebenslang nichts intensiver getan als eben dies, denn es gab zu seinen Behauptungen keine Fakten! - Und aufgrund seiner ungenierten Selbstdarstellung, die gefiel und lange genug gut ankam, wurden viele dazu gebracht, an ihn und darüber hin auch an sich selber zu glauben!], ich rede niemals zu Massen . . . Ich habe eine erschreckliche Angst davor, dass man mich eines Tags heilig spricht [obgleich er der Ansicht war, dergleichen verdient zu haben?  Wie wäre er sonst immer wieder darauf gekommen, dass es geschehen könnte, müsste und würde?]:  man wird errathen, weshalb ich dies Buch vorher [also wie immer möglichst bald, wozu es aber nicht mehr kam!] herausgebe, es soll verhüten, dass man Unfug mit mir treibt [welchem er selber mit seinen hyper-subjektivistisch-angeblichen Wahrheiten - aber unbeabsichtigt, d.h. fahrlässig, extrem-nur-auf-sich-selber-bezogen! - den Boden bestens bereitet hatte, - für all jene, die gleichen „Geistes“ waren und sind, wie Er!] . . .


Ich will kein Heiliger sein, lieber noch ein Hanswurst [ein grober ungebildeter Spaßmacher oder Dummkopf, denn das bezeichnet dieses Wort] . . . Vielleicht bin ich ein Hanswurst… Und trotzdem oder vielmehr nicht trotzdem - denn es gab nichts Verlogneres bisher als Heilige [mit ihrem quasi-fachmännischen „Anspruch“ auf besondere Verehrung, - wie bei ihm? - Allerdings mit Erfolg! - dauerhaftes Ansehen zu genießen! - So:] - redet aus mir [gemeint war:  Allein aus ihm!] die Wahrheit. - Aber meine Wahrheit [an die er inbrünstig glaubte, weil es seine war!] ist furchtbar [verneinend, vernichtend]:  denn man hiess bisher die Lüge Wahrheit [was ihm Gelegenheit gab, zu bestätigen, wie sehr er es für gegeben hielt, der erste wahrhafte Mensch hinieden zu sein und dazu den Vorwand gab, dies in universalem Maßstab wieder „zurechtzurücken“ und umzuwerten!] - Umwerthung aller Werthe [in das, was und so, wie ihm allein das passte, ohne je einen „Anderen“ dazu befragt zu haben!]:  das ist meine Formel für einen Akt höchster Selbstbesinnung der Menschheit, der in mir Fleisch und Genie geworden ist.  [Und ausgerechnet ihm von wer weiß woher als Lebensaufgabe übertragen worden wäre!? - Einschließlich also auch alle anderen Menschen mit ausgerechnet seinen Vorstellungen von dem, was Er für nötig hielt, philosophisch unangemessen anzugehen und vergewaltigen zu dürfen?!]


Mein Loos [sein Schicksal, bestimmt von einem metaphysischen Wink Gottes oder aufgrund eines „Deus ex machina“?] will, dass ich der erste [und Einzige - auch? - bin, auch das war ein Superlativ, ohne den Nietzsche sich überhaupt nicht - und das außerhalb jeder Art „ewiger Wiederkunft“ versteht sich! - zu orientieren vermochte! - Dass Er also der 1.] anständige Mensch sein muss 6.365 [ - würde das angehen können?  Im „Weltenplan“, sofern es denn einen solchen gäbe, so vorgesehen?  Womit war diese „Erkenntnis“ - wenn sie denn eine solche gewesen wäre! - abgesichert und glaubhaft begründet?  Der dagegen sprechende Fakt war:  Auch Er war nicht mehr als ein Mensch, wie andere auch, mit allerdings sehr speziellen aber zu nichts auf besondere Weise berechtigenden Eigenarten!], dass ich mich gegen die Verlogenheit von Jahrtausenden im Gegensatz weiss . . . Ich erst habe die Wahrheit entdeckt [ohne tiefenpsychologisch auch nur im Geringsten zu ahnen, wie sehr gerade diese Aussage nur aus bereits hoch und hell flammendem Wahnsinn heraus entstanden sein konnte?], dadurch dass ich zuerst die Lüge als Lüge empfand - roch . . . ein Genie ist in meinen Nüstern . . . Ich widerspreche, wie nie [maßlos und ohne schon oder noch über die geringsten Spuren von Selbstkritik und zurückhaltender Scham zu verfügen!] widersprochen worden ist und bin trotzdem der Gegensatz eines neinsagenden Geistes [schließlich wollte er ein Jasagender 21.6.88   sein und deshalb musste das auch seinen angeblichen „Tatsachen“ entsprechen, - zweifellos!].


Ich bin ein froher Botschafter , wie es keinen gab [keinen so absolut Superlativen bisher, der aber das bloße, unangetastete und vorgefundene Menschsein nicht ertragen konnte und nun glaubte, in seinem Un- und Wahnsinn - ihn durchzusetzen! - seinen Lebenssinn und damit seine Großartigkeit beweisen zu können?] ich kenne Aufgaben von einer [derart superlativ maßlos entgleisten] Höhe, dass der Begriff dafür bisher gefehlt hat;   erst von mir an giebt es wieder Hoffnungen [den „Übermenschen“ als modern anzusehendes, uralt schwelendes „Himmelreich“!]. Mit Alledem bin ich nothwendig auch der Mensch des Verhängnisses.  Denn wenn die Wahrheit mit der Lüge von Jahrtausenden in Kampf tritt, werden wir Erschütterungen haben, einen Krampf von Erdbeben [aber seit wann haben diese angefangen zu „krampfen“?], eine Versetzung von Berg und Thal, wie dergleichen nie geträumt worden ist.  Der Begriff Politik ist dann gänzlich in einen Geisterkrieg aufgegangen [für den auch ihm in seinem Wortgerassel passende, klärend aussagefähige Ausdrücke fehlten!  Überdies mischte er hier tektonische Vorgänge mit Informationen, die ihn über Gebühr bewegten und berührten! - Seine Art Größenwahn schlug sich nicht in der Welt normaler, allen zugänglicher „Dinge“ nieder, sondern war vollkommen individuell fixiert auf sein bloßes Sein - gegenüber dem Sein „aller Anderen“!  Dagegen schien ihm], alle Machtgebilde der alten Gesellschaft sind [wären das, als ein Faktum!] in die Luft gesprengt - sie ruhen allesamt auf der Lüge:  es wird Kriege geben, wie es noch keine auf Erden gegeben hat.  Erst von mir an giebt es auf Erden grosse Politik. - [so weit ist das ja schon „stärkster Tobak“ gewesen, aber es sollte noch schlimmer kommen!]
 
 
2.
  Will man eine Formel für ein solches Schicksal,
das Mensch wird? [denn das meinte Er darzustellen!  In deutlich biblischer Anlehnung daran, dass in dem, was seiner Lehre“ nach machtvoll und von ihm zutiefst beneidet entgegenstand, auch Er als eines Gottes Sohn „Mensch geworden“ wäre? - Diese „Formel“]

Sie steht in meinem Zarathustra.
-
und wer ein Schöpfer sein will im Guten und Bösen, der muss ein Vernichter erst sein und Werthe zerbrechen.

Der muss unbedingt in maximal maßlosem Rahmen madig machen und in Verruf bringen, was eben, wie alles andere bei ihm auch, superlativ sein musste?  Bloß weil ihm das nicht in „geringerem“ Rahmen würdig und möglich schien?


In Wirklichkeit lagen Er und sein „Zarathustra“ mit dieser Ansicht der „Dinge“ allerdings vollkommen falsch und schief, denn alles wirklich Neue auf dieser Welt entstand nicht aus Umwertungen, sondern hat sich aufgrund neuer, zuvor nicht dagewesener - und in von „den Anderen“ zu beurteilenden Qualitäten! - durchgesetzt und alles geringer Qualifizierte ersetzt und verdrängt; - ohne sich um deren weiteren Verbleib zu kümmern!

Nietzsche aber bevorzugte seine fortwährende „Freiräumversion“, weil er als Erneuerer nichts zu bieten hatte, was es, außer der Maßlosigkeit seines Anspruchs, nicht längst schon gegeben hat, bekannt und üblich war und deshalb folgerte er unverdrossen in seiner Umwertungsmanie befangen:

Also gehört das höchste Böse zur höchsten Güte:  diese aber ist die schöpferische [entsprach aber nur seiner mangelhaften Schöpferkraft.  Weil ihm das Enthemmtsein so gut und so leicht fiel und gefiel, war an ein Aufhören mit seiner „Freidenkerei“ nicht zu denken, da er sich lieber im Erfüllen und Imitieren von „vorgekauten Wahrheiten“ - wie in denen, die ihm auf so wunderbar endgültige Weise von Emerson zugekommen waren! - erschöpfte].  Ich bin bei weitem der furchtbarste Mensch, den es bisher gegeben hat [auch diesen Superlativ musste er für sich in Anspruch nehmen!];  dies schliesst nicht aus, dass ich der wohlthätigste sein werde [künftig, noch unbewiesen! - So sehr, so fest war er vom Erfolg und von der Richtigkeit seiner endlich, endlich den Himmel auf die Erde bringenden „übermenschlichen Umwertungen“ überzeugt!].


Ich kenne die Lust am Vernichten in einem Grade, die meiner Kraft zum Vernichten gemäss ist [was vielleicht eine reizende Definition und Stuss, aber in keiner Weise eine Rechtfertigung oder gar Begründung dessen war, was er da propagierte!], - in Beidem gehorche ich meiner [aber eben nur dieser auf sich selber gestellten und bezogenen!] dionysischen Natur, welche das Neinthun nicht vom Jasagen zu trennen [und in Vielem das Eine nicht vom Anderen zu unterscheiden] weiss.   Ich bin der erste Immoralist:  damit bin ich der Vernichter par excellence [im höchsten Grade, hervorragend, superlativ, natürlich!] -


Da zeigte sich der durch die Jahre hin verlaufende Prozess der Enthemmung seines „Denkens“ so weit vorangeschritten, dass er nur noch Superlative erkennen und benennen konnte!  Im darauf folgenden Abschnitt ging es dann - verständlicherweise! - in unverändertem Stil so fort:
 
3.
 
Man hat mich nicht gefragt, man hätte mich [aber weshalb ausgerechnet ihn, den dazumal kaum jemand kannte?] fragen sollen [welche Instanz hätte sich an den damals unbekannten Sonderling in so wichtigen und so ohne Weiteres „in Wirklichkeit“ gar nicht sinnvoll beantwortbaren Fragen wenden sollen? - So viel Realitätssinn, darauf zu antworten, konnte zu der Zeit von Nietzsche nicht mehr aufgebracht werden!], was gerade in meinem Munde, im Munde des ersten Immoralisten [die Benutzung dieses Wortes verrät an dieser Stelle, dass die Schein-Existenz „Nietzsche“ sehr wohl noch „wusste“ oder zumindest noch „ahnte“, dass er sich sehr weit außerhalb einer bis zu ihm hin „gültig gewesenen“ Werteordnung befand! - Was nicht heißen muss, dass ihm bewusst war, wie sehr „die Anderen“ in all seinen Vorstellungen einfach nur, sang und klanglos, abwesend waren und fehlten! - Weil er sie, seiner Natur gemäß und in ihn erleichternder Weise, einfach beiseite gelassen hatte!? - Oder dass er sie - wegen eines in ihm als grundlegender Defekt angelegt - krankheitshalber gewissermaßen? - seit eh und jeh nur nicht wahrzunehmen vermochte? - was also:] der Name Zarathustra bedeutet:  denn was die ungeheure Einzigkeit jenes Persers in der Geschichte ausmacht, ist gerade dazu das Gegentheil.


Zarathustra [der persische Zoroaster aus dem 2. oder 1. Jahrtausend v. C., das blieb offen,] hat zuerst [wie der umwertungs-besessene Nietzsche das sehen wollte, es aber den historischen Tatsachen so nicht unbedingt entsprach] im Kampf des Guten und des Bösen das eigentliche Rad im Getriebe der Dinge gesehn, - die Übersetzung der Moral in’s Metaphysische, als Kraft, Ursache, Zweck an sich, [das] ist [wäre!] sein Werk.   Aber diese Frage wäre im Grunde bereits die Antwort.


Obgleich Nietzsche zwischendurch - wenn auch nur kurz! - die Idee gehabt hatte, seinen „diensthabenden Übermenschenverkünder“ und „Moralumwerter“ in der Gestalt des „Manfred“ aus dem wild-romantischen Drama seines Jugend-Idols, des Dramatikers Lord George Gordon Noel Byron (1788-1824), auftreten zu lassen.  Er wählte dann aber - des Umwertungseffektes wegen, auf den er sich besser verstand! - doch lieber - ohne über den historischen Zoroaster wirklich viel zu wissen - den sehr alt- und patina-überzogenen „Zarathustra“, denn:]

Zarathustra schuf [nach Nietzsches eigenwilliger Interpretation] diesen verhängnissvollsten Irrthum, die Moral [die in Nietzsches Bewusstsein - zwangsläufig ohne „die Anderen“ verstanden! - in erster Linie nichts weiter sein konnte und musste, als ein beliebiges und, wegen der Leerstelle bei ihm, sinnloses Gewohnheitsritual,  welches ihm in selbstverständlichster Nichtachtung „dieser Anderen“ zu eigenem Vorteil auf beliebigste Weise - also problemlos! - austauschbar erschien!]:  folglich muss er auch [hat das aber irgendetwas mit „Logik“ zu tun?] der Erste sein [von Nietzsche dazu erkoren, ernannt und damit „poetisch verwirklicht“ worden!], der ihn [seinen eigenen, wenn das allerdings den Tatsachen entspräche, jahrtausende-alten Irrtum!] erkennt.  Nicht nur, dass er hier [als eine von Nietzsche just erfundene, erdachte, umgewertete Figur?] länger und mehr Erfahrung hat [gehabt hätte!] als sonst ein Denker - die ganze Geschichte ist ja die Experimental-Widerlegung vom Satz der sogenannten „sittlichen Weltordnung“ [die es wohl nie gegeben hat.  Es gibt in jeder Gegenwart für jeden nur und immer unvermeidbar „die Anderen“ - niemand sonst war so defekt und „absurd-allein“ auf Erden wie Friedrich Nietzsche mit bzw. ohne die ihm von Natur aus fehlenden „Anderen“!] -: das Wichtigere ist, Zarathustra ist wahrhaftiger als sonst ein Denker [oder auch ein „Manfred“ es gewesen sein könnte, welcher, von Lord Byron so geformt, es nicht ertrug, auf irgend jemanden Rücksicht nehmen zu sollen und zu wollen!].

Seine Lehre und sie allein hat die [eigene, nur in sich gefühlte, aber nicht durchdachte!] Wahrhaftigkeit als oberste Tugend - das heisst den Gegensatz zur Feigheit des „Idealisten“, der vor der Realität [der eigentlichen Wahrheit über die Menschen, von denen Nietzsche nur einer war!] die Flucht ergreift, Zarathustra hat mehr Tapferkeit im Leibe als alle Denker zusammengenommen [einschließlich Nietzsches höchsteigener Existenz?].  Wahrheit reden und gut mit Pfeilen schiessen, das ist die persische Tugend [die Nietzsche mittels seiner Entscheidung für „Zarathustra“ für sich in Anspruch zu nehmen gedachte! - Nach der inzwischen erfolgten Erfindung des Dynamits?]. -

Versteht man mich? . . . Die Selbstüberwindung [d.h. hier die „Umwertung“!] der Moral aus [lediglich gefühlter!] Wahrhaftigkeit, die Selbstüberwindung des Moralisten in seinen Gegensatz - in mich [!] - das bedeutet in meinem Munde der Name Zarathustra.

Toll! - wirklich toll!  Und gegen den Schluss hin - übersprungen die nichts Neues enthaltenden Punkte 4 bis 6! - dann:
 
 
7.
  Hat man mich verstanden?
[Verdammt noch mal!  Und dies im Tonfall und Stil eines Weltregierenden!  So stand die angeklagte Menschheit vor seinem Thron, von dem aus Er zu bestimmen hatte, wie und wo es künftig für diese entlang zu gehen hätte und wie sein Urteil aussehen würde:] - Was mich abgrenzt [und mich hervorhebt in alledem?], was mich bei Seite stellt gegen den ganzen Rest der Menschheit [also auch gegen alle anderen Religionen, von denen keine so realitätsfern war, dass sie auch ohne „die Anderen“ würde bestehen wollen!], das ist, [für ihn!] die christliche Moral entdeckt [d.h. sie als seine Rivalin erkannt und entsprechend verunglimpft und runtergeputzt“] zu haben.   Deshalb war ich eines Worts bedürftig, das den Sinn einer Herausforderung an Jedermann enthält. [Sich nämlich, als Komplize seiner parteiischen Meinung, anzuschließen! - Zu dieser Überredung waren halt viele Worte nötig! - Was Nietzsche allerdings hier nicht und nirgends sonst anklingen ließ, war, weil er es nicht „begriffen“ hatte, dass sein Konzept des „Philosophierens“ sich im Wesentlichen nur durch das bei ihm „Fehlen der Anderen“ so grundlegend von anderen unterschieden hat!]

Hier nicht eher die Augen aufgemacht zu haben gilt mir als die grösste Unsauberkeit, die die Menschheit auf dem Gewissen hat, als Instinkt gewordner Selbstbetrug, als grundsätzlicher Wille, jedes Geschehen, jede Ursächlichkeit, jede Wirklichkeit nicht zu sehen, als Falschmünzerei in psychologicis bis zum Verbrechen [und dies mit voller Wucht an der Realität der bei ihm selber ausgebliebenen „Anderen“ vorbei!!]. Die [d.h. auch Nietzsches!] Blindheit vor dem Christenthum [unter Ausschluss „der Anderen“!] ist das Verbrechen par excellence - das Verbrechen am Leben . . . Die Jahrtausende, die Völker, die Ersten und die Letzten, die Philosophen und die alten Weiber - fünf, sechs Augenblicke der Geschichte abgerechnet, mich als siebenten [so schätzte er sich - als einen absolut elitären „geschichtsträchtigen Augenblick“ - der Vollendung nämlich! - ein:

Mit zwangsläufig ungeheurer Wirkung auf alle, maximal, denn sonst wäre alles umsonst gewesen! - So fuhr er unbeirrt fort:] -

in diesem Punkte sind sie alle einander würdig.  Der Christ war bisher das „moralische Wesen“, ein Curiosum ohne Gleichen - und, als „moralisches Wesen“, absürder, verlogner, eitler, leichtfertiger, sich selber nachtheiliger als auch der grösste Verächter der Menschheit es sich träumen lassen könnte. [War aber seine neue Moral“ des Satzes „die Art ist Alles, Einer ist immer Keiner 3.370  und auch die „Überwindung des Menschen, hin zum Übermenschen“ - in seiner Unerreichbarkeit ohne „die Anderen“! - nicht zumindest insgesamt ebenso blind und verbrecherisch wie das, was Er so begeistert und voller Leidenschaft geißelte - ein ebensogroßer  Riesenbetrug?]


Die christliche Moral - die bösartigste Form des Willens zur Lüge [so beschrieb er im Grunde wieder nur sich selber], die eigentliche Circe [Zauberin, Verführerin] der Menschheit:   Das, was sie [die Menschheit, in welcher aber doch längst nicht alle „christlich“ waren!] verdorben hat. Es ist nicht der Irrthum als Irrthum, was mich bei diesem Anblick entsetzt, nicht der jahrtausendelange Mangel an „gutem Willen“, an Zucht, an Anstand, an Tapferkeit im Geistigen, der sich in seinem Sieg verräth: - es ist der Mangel an Natur, es ist der vollkommen schauerliche Thatbestand, dass die Widernatur selbst als Moral die höchsten Ehren empfieng [die seiner Meinung nach eher ihm, seiner von ihm nun zutage gebrachten Wahrheit, seinem Mangel an Beachtung „der Anderen“ und seiner subjektiv-defekten „Redlichkeit“ zuzukommen hätten!? - Es war die beleidigte, empörte und erbitterte nackte Eifersucht, die ihm - dem Betrüger! - hier die Feder führte, sich als Marktschreier eines Betruges aufzuspielen!  Und alles nur, weil Er „die Anderen“ in seiner totalen Blindheit nicht auf seiner Rechnung hatte:] und als Gesetz, als kategorischer Imperativ [des ihm in emotionaler Verblendung verhassten Immanuel Kant (1724-1804), weil dieser ihm - als ein Denker! - so absolut unverständlich und tausendmal überlegen war! - und also wohlbegründet „im Magen lag“, weil dieser statt seiner Weisheit bisher], über der Menschheit hängen blieb! . . . In diesem Maasse sich vergreifen, nicht als Einzelner, nicht als Volk, sondern als Menschheit! [aber was gab es für viele Menschen seiner Zeit, die mit keinerlei Christlichkeit belastet waren?] . . . Dass man die allerersten Instinkte des Leben<s> [das Fressen und Gefressen-werden?] verachten lehrte;  dass man eine „Seele“, einen „Geist“ [die beide viel älter waren, als das hier so beschimpfte Christentum! - welches diese nach Nietzsches fälschlicher Meinung] erlog, um den Leib zu Schanden zu machen;  dass man in der Voraussetzung des Lebens, in der Geschlechtlichkeit, etwas Unreines empfinden lehrt [womit er sich selbst aber auch höchsteigene Schwierigkeiten bereitet hatte!];  dass man in der tiefsten Nothwendigkeit zum Gedeihen, in der strengen Selbstsucht (- das Wort schon ist verleumderisch [fürwahr, dennoch benutzte er es hier]! -) das böse Princip sucht;  dass man umgekehrt in dem typischen Abzeichen des Niedergangs und der Instinkt-Widersprüchlichkeit, im „Selbstlosen“, im Verlust an Schwergewicht, in der „Entpersönlichung“ und „Nächstenliebe“ [d.h. für ihn, nach seinem Urteil:] (- Nächstensucht!) [alles im Maßlosen begriffen, in der Überdosis und damit bis zur Entstelltheit verzerrt!] den höheren Werth, was sage ich! den Werth an sich sieht! . . . Wie! wäre die Menschheit selber in décadence?  war sie es immer? - Was feststeht, ist, dass ihr nur Décadence[-niedergangs]-Werthe als oberste Werthe gelehrt worden sind [wie hier auch von ihm!].  Die Entselbstungs-Moral ist [weil Nietzsche alles im Übermaß tun und lassen musste!] die Niedergangs-Moral par excellence, die Thatsache „ich gehe zu Grunde“ [aber was war denn dagegen die „Überwindung der Menschen“ zu dem notgedrungen unerreichbaren Ziel des „Übermenschen“ gewesen?  Darauf hat er - aus Mangel an Selbstkritik! - nicht gesehen, sich aber maßlos empört über das, was seiner Meinung nach angeblich christlich zustande gekommen war: das alles war] in den Imperativ [die Befehlsform] übersetzt: „ihr sollt alle zu Grunde gehn“ - und nicht nur in den Imperativ! . . . . Diese einzige Moral, die bisher gelehrt worden ist, die Entselbstungs-Moral [die gelehrt werden musste, um der naturgegebenen Selbstmittelpunktlichkeit des Lebens etwas entgegensetzen zu können, was „die Anderen“ als gleichwertig einbezieht, das], verräth [aber nur, weil dieses Urteil aus Nietzsches Blindheit gegenüber „den Anderen“ entstanden war] einen Willen zum Ende, sie verneint im untersten Grunde das Leben [welches Er, so wie es und Er nun einmal war, selber nicht ertragen konnte. Darum wollte er ja nur „überwinden“ und es anders haben, um ja-sagen zu können dazu, weil es nur so seinen Vorstellungen entsprechen würde!]. -


Hier bliebe die Möglichkeit offen, dass nicht die Menschheit in Entartung sei, sondern nur jene parasitische Art Mensch, die des Priesters, die mit der [wie Nietzsche mit seiner neuen!] Moral sich [ebenso] zu ihren Werth-Bestimmern emporgelogen hat [und Nietzsche genau das selber - eingeschlossen die Gefahr einer möglichen Selig-Sprechung! - zu eigenen Gunsten aber, sich zu gleichem „emporgelogen“ sehen wollte!], - die in der christlichen Moral ihr Mittel zur Macht errieth [wobei zu beachten ist, dass es Nietzsche mit seiner Moral auch nur darum gegangen war, „Macht“ zu erlangen - zu bestimmen nämlich, was alle - zu seinen Gunsten dieses Mal! - für richtig zu halten hätten!]  Und in der That, das ist meine Einsicht:  die Lehrer, die Führer der Menschheit, Theologen insgesammt, waren insgesammt [allerdings einschließlich seiner, Nietzsches höchst-eigener Existenz!] auch décadents:  daher die Umwerthung aller Werthe ins Lebensfeindliche [was in Nietzsches angeblicher „Philosophie“ doch besonders ausgeprägt war!],  daher die Moral . . . Definition der Moral:  Moral: - die Idiosynkrasie [die angeborene Überempfindlichkeit, Abneigung, der Widerwille] von décadents [der sittlich Heruntergekommenen], mit der Hinterabsicht, sich am Leben zu rächen - und mit Erfolg.

Ich lege Werth auf diese Definition. -
Und nochmals dann in wutschäumender Folge und Engstirnigkeit endlich:


8.
  - Hat man mich verstanden? - Ich habe eben kein Wort gesagt, das ich nicht schon vor fünf Jahren durch den Mund Zarathustras gesagt hätte
[aber kaum jemand gehört hatte und infolge dieses Rückbezuges, in seiner Bedeutung doch auch nicht gerade geadelt worden ist!]. - Die Entdeckung der christlichen Moral [nur weil das seine Meinung war?] ist ein Ereigniss, das nicht seines Gleichen hat, eine wirkliche Katastrophe.   Wer über sie aufklärt [Nietzsche hat aber nicht aufgeklärt, sondern nur seine eigene, blind und unselbstkritisch wütend verfochtene un-durchdachte Meinung - ohne sie überzeugend zu begründen und dies auch gar nicht zu können! - kundgetan! -

Er hat nur behauptet, dass er aufklären würde.  Das als höhere Gewalt], ist eine force majeure, ein Schicksal, - er bricht [weil er so gesehen werden wollte!] die Geschichte der Menschheit in zwei Stücke [was Nietzsche sich als sein großes Verdienst anrechnen wollte!]. Man lebt vor ihm, man lebt nach ihm [und genau das - so ewig zwischen 2 „Weltaltern“ und 2 Zeitrechnungen stehen! - das wollte er, - für sich als das maximale Maß seiner nachahmenden Bedeutung in sich vereinen!] . . .


Der Blitz der Wahrheit traf gerade das, was bisher am Höchsten stand [da, an der Stelle, an der er selber stehen und eben dort anerkannt und auch angebetet sein wollte!]: wer begreift, was da vernichtet wurde, mag zusehn, ob er überhaupt noch Etwas in den Händen hat.  Alles, was bisher „Wahrheit“ hiess, ist als die schädlichste, tückischste, unterirdischste Form der Lüge erkannt [d.h. durch ihn als solche verleumdet worden, weil Er - unter täuschend anderen Namen! - nichts Besseres, sondern nur Gleiches zu bieten hatte!- bitte aber in aller Widersprüchlichkeit zu seinem „Verdienst“!];  der heilige Vorwand, die Menschheit zu „verbessern“ als die List, das Leben selbst auszusaugen [was Nietzsche - als Erkenntnis über sich selber, insbesondere bei seiner Empfehlung, auf Teufel komm raus, den Übermenschen zu züchten! - aber nie klar werden konnte! - Also die Gegenwart] blutarm zu machen [in alle Ewigkeiten und über all diese - in ewiger Wiederkunft! - hinweg! - Um in der immer zu wiederholenden Überwindung des jeweils ein Stück weit erreichten „Übermenschen“ das excelsioritische „Bewusstsein“, dass „einer immer nur keiner 3.370 sei, zu erleben!]. Moral als Vampyrismus . . . Wer die Moral entdeckt, hat den Unwerth aller Werthe mit entdeckt [tatsächlich jedoch dürfte es bei Nietzsche umgekehrt gewesen sein!  Seine Entdeckung des „Unwertes aller Werte“ um ihn her, hat bei ihm die Moral in Misskredit gebracht, - denn niemand scherte sich um seine „neuen Werte 4.266, die ohne „die Anderen“ ohnehin ohne Gültigkeit waren!], an die man glaubt oder geglaubt hat [doch warum sollte man nun an seine Neuen „Unwerthe“ glauben?  In seiner Unfähigkeit, gründlichst über sein eigenes Tun nachdenken zu können, ist ihm entgangen, wie sehr doch all das, was er dem Christentum anlastete, zumindest auch für seine eigenen „übermenschlichen Anstrengungen zur Weltverbesserung“ galt!];  er sieht in den verehrtesten, in den selbst heilig gesprochnen Typen des Menschen nichts Ehrwürdiges mehr, er sieht die verhängnissvollste Art von Missgeburten darin, verhängnissvoll, weil sie fascinirten [so, wie auch Nietzsches „Zarathustra“ als neues Symbol aber „ohne die Anderen“ eben diese fallen gelassenen „Anderen“ faszinieren sollte?] . . . Der Begriff „Gott“ [oder auch Übermensch als Ersatzsuperlativ!] erfunden als Gegensatz-Begriff zum Leben [ohne einen Sinn dafür, wie sich das alles bewusstseins-geschichtlich entwickelt und nie jemand nur rein aus seinem eigenen Sein und Betrachten heraus - wie Nietzsche das für sich beanspruchte und für richtig hielt! - etwas im Alleingang für alle entscheiden zu dürfen geglaubt hat?], - in ihm alles Schädliche, Vergiftende, Verleumderische, die ganze Todfeindschaft gegen das Leben in eine entsetzliche Einheit gebracht!

Der Begriff „Jenseits“, „wahre Welt“ [oder auch der „Übermensch“?] erfunden, um die einzige [real gegebene!] Welt zu entwerthen, die es giebt, - um kein Ziel, keine Vernunft, keine Aufgabe [im Gleichschritt aller!] für unsre Erden-Realität übrig zu behalten!


Und so weiter, in wild-erbittertem Gekläff.  In Wirklichkeit sprach Nietzsche hier, weil er eh nicht anders konnte, auch in diesen Zusammenhängen nur von sich selbst, aus seinem Erleben heraus, denn was war sein Himmelreich?  Die Überwindung des Menschen war eine viel blindere Torheit, als das, was er glaubte, dagegen dem Christentum mit all seinen Fehlern vorwerfen und anhängen zu können.  Er kläffte noch eine gute halbe Seite lang; - bis zu der Aussage:


 - im Begriff des guten Menschen die Partei alles Schwachen, Kranken, Missrathnen, An-sich-selber-Leidenden genommen, alles dessen, was [nach Nietzsches unbedingtem Wüten!] zu Grunde gehn soll -, das Gesetz der Selektion gekreuzt, ein Ideal aus dem Widerspruch gegen den stolzen und wohlgerathenen, gegen den jasagenden, gegen den zukunftsgewissen, zukunftverbürgenden Menschen gemacht [wie ihn, - der alles zu persönlich auf sich selbst und seine eigenen, so schnell vergänglichen Ideale bezogen hatte!?] - dieser heisst nunmehr der Böse . . . Und das Alles wurde geglaubt als Moral! - Ecrasez l’infâme! - -

[Zermalmt, vernichtet das Niederträchtige, - zurückgehend auf einen Ausruf Voltaires!]


Ein wüster Ausbruch, der unfähig und orientierungslos war im differenzierten Abwägen von sowohl als auch, von Vorteilen hier und da, bei ebenso verteilten Nachteilen.  Dennoch fühlte er sich in der Einseitigkeit seiner Ansichten vollstens in vollem Recht:


9.
  - Hat man mich
[etwa immer noch nicht?] verstanden? - Dionysos [einer der vielen Götter Griechenlands, speziell des Weins, des Trunks, des Rausches etc. - jedenfalls nicht der vorbehaltlosen Analyse und Erkenntnis] gegen den Gekreuzigten [als der Sohn eines alle Menschen, allerdings auf sehr ungleiche Weise, „liebenden Vaters“, der aber in seiner Anlage als spezieller Gott eines Volkes schon enorm schief  angelegt worden war!].

Das sollte, nach all dem Geschrei, Nietzsches Botschaft in seiner ihn herausstellenden Schrift zum Ecce homo“ sein!

Damit erwies er sich als das, was er in der Geschichte der Philosophie tatsächlich war:  Als ein Scharlatan, Possenreißer, Falschspieler, Aufschneider, Volksverdummer, Betrüger und Betrogener zugleich, denn er lebte nur seine Illusionen, nicht ein wirkliches Leben, wie Alexander, Caesar, Napoleon, denen er nacheiferte, aber deren Realität des Heroischen für ihn unerreichbar blieb.




Bei den in die Texte eingefügten kleinen Zahlen handelt es sich um Herkunfts-Nachweise der Zitate:
Angegeben sind jeweils Band- und Seitennummern der letztgültig „Kritischen Studienausgabe“ (KSA) von Giorgio Colli und Mazzino Montinari bzw. bei Briefen, deren Datum lt. der kritischen Studienausgabe seiner Briefe (KSB) und einmal auf Thomas Mann, aus Band 6 von dessen „Gesammelten Schriften“ des S. Fischer Verlags von 1960.

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